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Willkommen zurück zu unserer KI-Artikelreihe!
Dieser Artikel ist Teil der großen KI-Artikelreihe, in der bereits praxisnahe Tools für Recherche, Textgenerierung, Bildgenerierung, Videogenerierung und Sprachverarbeitung verglichen wurden – außerdem gibt es einen Artikel zu Begriffen und Grundlagen rund um das Thema KI. Ein weiterer Schwerpunkt gilt den KI-Tools für die Softwareentwicklung – aufgrund der Vielzahl an Angeboten aufgeteilt in vier Teile:
- Autovervollständigung & IDE-Integration
- Web- und Cloud-basierte Coding-Umgebungen
- Dialogbasierte Assistenten fürs Programmieren
- Pair Programming & erklärende KI (damit beschäftigen wir uns in diesem Artikel)
In diesem letzten Teil geht es um KI-gestützte Partner im Entwicklungsprozess, die über reine Codevervollständigung hinausgehen. Sie können Codezeilen erklären, Logikschritte begründen, Tests automatisiert erzeugen oder beim Debuggen als interaktiver Partner agieren. Manche übernehmen sogar proaktiv Aufgaben, schlagen Verbesserungen vor oder helfen bei der Dokumentation – ähnlich einem virtuellen Pair Programming-Partner.
Die Auswahl in diesem Artikel umfasst spezialisierte Tools wie Junie und Cody (Sourcegraph), universelle Lösungen mit erweitertem Coding-Fokus wie Tabnine Chat und Windsurf (ehemals Codeium). Ziel ist es, die Funktionen, Stärken und möglichen Einschränkungen dieser Assistenten zu beleuchten und passende Empfehlungen für unterschiedliche Anwendungsfälle zu geben.
Junie
Für interaktives Pair Programming mit Kontextbezug und automatisierten Vorschlägen wollen
- Sehr tiefer Kontextbezug für komplexe Projekte
- Noch begrenzte
Modellvielfalt
Cody
Teams mit großem Codebestand, die schnelle Suche, Erklärung und Refactoring benötigen
- Nahtlose Integration mit Sourcegraph Code Search
- Abhängigkeit von Sourcegraph-Infrastruktur
Tabnine Chat
Entwickler und Entwicklerinnen, die schnellen KI-Dialog in der IDE bevorzugen
- Schnelle, kontextbasierte Antworten direkt im Editor
- Wenig tiefgehende Erklärungen bei komplexen Algorithmen
Windsurf
Nutzer:innen, die kostenfreie, funktionsreiche Chatunterstützung in IDEs suchen
- Kostenlose Nutzung mit breitem Funktionsumfang
- Cloudverarbeitung kann Datenschutzbedenken auslösen
Junie (JetBrains)
- Anbieter (Erscheinungsjahr): JetBrains (Early Access seit Anfang 2025)
- Kostenlos nutzbar: Basisnutzung mit Codevervollständigung und lokalen Modellen möglich
- Konto erforderlich: Ja – JetBrains-Account und passende IDE-Lizenz (IntelliJ IDEA Ultimate, PyCharm Professional; WebStorm & GoLand werden unterstützt)
- Premiumzugang: AI Pro für Einzelpersonen (10 €/Monat oder 100 €/Jahr ), AI Ultimate für täglichen Gebrauch für Einzelpersonen (20 €/Monat oder 200 €/Jahr); für Unternehmen gelten jeweils andere Preise
- Eingesetzte Modelle & Funktionen: Nutzt verschiedene LLMs wie Anthropic Claude Sonnet (3.7/4.0) und OpenAI GPT-5 (standardmäßig aktiviert seit Plugin-Update), auswählbar in den Einstellungen
- Bearbeitungsfunktionen: Junie kann ganze Arbeitsabläufe selbstständig planen und ausführen, einschließlich Codeänderungen, Testläufen, Ausführung von Terminalbefehlen und Fortschrittsberichten im IDE-Kontext
Für wen ist Junie geeignet?
Junie richtet sich an Entwickler:innen, die im JetBrains-Ökosystem arbeiten und KI als Partner für komplexe, mehrstufige Aufgaben wie Codierung, Testing oder Refactoring einsetzen möchten.
Nutzungshinweise & Tipps
Junie wird über das Plugin-Verzeichnis der JetBrains-IDEs installiert. Nach der Aktivierung wird das Tool per Sidebar oder Menü nutzbar – Aufgaben wie Codegenerierung, Testausführung oder Debugging lassen sich schrittweise delegieren. Ihre Ausführung erfolgt ähnlich einem autonomen Agenten: Junie schlägt einen Plan vor, arbeitet diesen ab und meldet Zwischenergebnisse. In den Einstellungen lässt sich das Modell wechseln (z. B. Claude oder GPT‑5), wobei GPT‑5 aktuell als Standard empfohlen wird.
Rechtliche Aspekte & Datenschutz
Junie arbeitet cloudbasiert: Code wird an externe LLM-Dienste gesendet. JetBrains verspricht Transparenz und Kontrolle, jedoch sollten insbesondere Entwickler:innen mit sensiblen oder horizontalen Projekten ihre internen Richtlinien prüfen.
Vor- und Nachteile von Junie zusammengefasst
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Cody (Sourcegraph)
- Anbieter (Erscheinungsjahr): Sourcegraph (2013 gegründet); Cody als KI-Tool ab 2023 bis Juni 2025
- Kostenlos nutzbar: Bis Juli 2025 ja – Cody Free und Pro werden jedoch eingestellt (siehe Hinweis unten)
- Konto erforderlich: Ja – Anmeldung mit Sourcegraph-Account oder GitHub/SSO
- Premiumzugang: Cody Enterprise bleibt bestehen; Free- und Pro-Pläne laufen aus
- Eingesetzte Modelle: Verwendet moderne Large Language Models (LLMs) kombiniert mit einem kontextreichen ‘knowledge graph’ des eigenen Codebestands. Unterstützt Modelle wie GPT-4 Turbo, Claude 2, Mixtral und StarCoder
- Bearbeitungsfunktionen: Chat-Interface, Code-Erklärung, Refactoring, Tests, Dokumentation, Kontext über Repositorys hinweg
Für wen ist Cody geeignet?
Cody war besonders für Entwickler:innen in Teams geeignet, die direkt in Sourcegraph arbeiten und umfassende Code-Kontextsuche sowie KI-gestützte Erklärungen, Refactorings und Testgenerierung benötigen. Mit Cody Enterprise bleibt diese Zielgruppe weiterhin adressiert.
Nutzungshinweise & Tipps
Cody integriert sich in Sourcegraph und nutzt dabei Repository-Informationen für besonders präzise Antworten. Der Enterprise-Plan erlaubt Governance-Funktionen, SSO und feinere Rechteverwaltung.
Rechtliche Aspekte & Datenschutz
Die Datenverarbeitung erfolgt über Sourcegraph in Kombination mit Modell-APIs (z. B. OpenAI). Enterprise-Instanzen können lokal oder in einer privaten Cloud betrieben werden, sodass sensible Code-Bestände geschützt bleiben.
Wichtiger Hinweis (Stand: August 2025)
Sourcegraph stellt Cody Free und Pro zum 23. Juli 2025 vollständig ein. Neue Anmeldungen sind bereits seit dem 25. Juni 2025 nicht mehr möglich. Als Nachfolger wird das neue Tool Amp empfohlen, für das es Bonus-Credits für Umsteiger gibt. Cody Enterprise bleibt weiterhin verfügbar und wird langfristig unterstützt.
Vor- und Nachteile von Cody zusammengefasst
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Tabnine Chat
- Anbieter (Erscheinungsjahr): Tabnine (seit 2013 als Codota, Chat-Funktion ab Mitte 2023)
- Kostenlos nutzbar: Ja – kostenfreie Basisversion (Dev Preview) verfügbar.
- Konto erforderlich: Ja – Tabnine-Account notwendig; unterstützt SSO und Integration mit IDEs
- Premiumzugang: Dev (9 $/Monat), Enterprise (39 $/Monat)
- Eingesetzte Modelle: Tabnines eigene geschützte KI-Modelle sowie optional Drittanbieter-Modelle wie Claude 3.7/4, GPT-5, Gemini 2.x, Gemma 3, Qwen 2.5, Mistral und lokale Modelle für Enterprise
- Bearbeitungsfunktionen: Chats und Inline-Aktionen (plan, create, test, document, review, explain, maintain); Kontextbasierte Codevorschläge im IDE, Erklärungen, Test- und Dokumentgenerierung, Bugfix-Hilfen, Code-Review-Agenten, Refactoring & Einbindung von Jira
Für wen ist Tabnine Chat geeignet?
Tabnine Chat eignet sich für Einzelentwickler:innen und Teams, die eine sichere, kontextbewusste KI-Assistenz direkt im IDE nutzen wollen – mit Funktionen von Codegenerierung über Komponentendokumentation bis hin zu Governance und Teamintegration.
Nutzungshinweise & Tipps
Tabnine Chat wird als Plugin in gängige IDEs wie VS Code, JetBrains, Eclipse oder Visual Studio integriert – der Chat ist darauf ausgelegt, tief im Coding-Workflow zu arbeiten. Die Modelle lassen sich per Klick wechseln – etwa für mehr Performance oder höhere Datenschutzanforderungen. Funktionen wie voreingestellte Quick-Actions (z. B. explain, test) sowie Chat-Antwortlängen (concise vs. comprehensive) ermöglichen eine flexible Steuerung.
Rechtliche Aspekte & Datenschutz
Tabnine betont Datenschutz: Standardmodelle (inkl. eigener KI) speichern keine Nutzerdaten, und Quellcode wird nicht für Training benutzt. Enterprise-Pläne bieten hochsichere Optionen wie On-Premises oder VPC, Admin-Kontrollen, SSO und Lizenz-Compliance-Mechanismen.
Vor- und Nachteile von Tabnine zusammengefasst
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Windsurf (ehemals Codeium)
- Anbieter (Erscheinungsjahr): Windsurf (erster Release als Codeium 2022; Rebranding im April 2025 als Windsurf)
- Kostenlos nutzbar: Ja – Basisfunktionen verfügbar über Windsurf Plugins (ehemals Codeium-Extensions)
- Konto erforderlich: Ja – unterstützt SSO-Anmeldungen; Plugin-Integration in viele IDEs wie VS Code, JetBrains, Neovim u. v. a.
- Premiumzugang: Pro (15 $/Monat), Teams (30 $/Monat), Enterprise (ab 60 $/Monat)
- Eingesetzte Modelle: hybride Modellstrategie – Inhouse-Modelle: Llama 3.1‑70B (Basismodell), Llama 3.1‑405B (Premiummodul für zahlende Nutzer) & externe Modelle: GPT‑5 (verschiedene reasoning-Stufen) sowie Claude 3.5 Sonnet über API
- Bearbeitungsfunktionen: Windsurf Editor mit Cascade Agent: ermöglicht KI-gesteuertes Coding, Debugging und autonome Task-Ausführung (Flow-Zustand) & Windsurf Plugins – Autocomplete, Chat, Refactoring, Debug-Hilfe in IDEs unterstützt
Für wen ist Windsurf geeignet?
Ideal für Entwickler:innen, die eine AI-native Entwicklungsumgebung nutzen möchten – etwa in Enterprise-Kontexten mit hohem Datenschutzbedarf und dem Wunsch nach Performance und Flexibilität. Auch für Nutzer:innen, die Zugang zu State-of-the-Art-Modellen wie GPT‑5 brauchen, aber gleichzeitig eigene Modelle nutzen wollen.
Nutzungshinweise & Tipps
Plugins bleiben eine Option für bestehende IDE-Workflows – besonders praktisch für Umsteiger. Windsurf Editor mit Power‑Funktionen wie Cascade Flow oder Turbo Mode ist ideal für komplette Agent-basierte Workflows. Hat Features wie Tab-Jump, Drag‑and‑Drop, autonome Terminal‑Ausführung etc.
Rechtliche Aspekte & Datenschutz
Windsurf hatte angekündigt, sich von Drittanbieter-Modellen zu lösen und stattdessen auf eigene Inhouse-KI zu setzen – bedingt durch Compliance-Anforderungen wie FedRAMP High für Enterprise-Kunden. Allerdings bleibt die Wiederanbindung an Fremdmodelle wie GPT‑5 Teil der Strategie, um Entwicklern höchste Performance anzubieten.
Vor- und Nachteile von Windsurf
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Zusammenfassung
Die verglichenen Tools adressieren Pair Programming und erklärendes Arbeiten auf unterschiedliche Weise. Junie agiert als agentischer Partner direkt in JetBrains-IDEs: Aufgaben werden geplant, ausgeführt und transparent protokolliert – stark für komplexe, mehrstufige Workflows (Generierung, Tests, Debugging). Cody ist in Kombination mit Sourcegraph besonders mächtig, wenn großer Repository-Kontext gefragt ist (Suche, Erklärung, Refactoring); allerdings wurden Free/Pro im Juli 2025 eingestellt, Cody Enterprise bleibt die Option für Unternehmen mit Governance-Anforderungen. Tabnine Chat bringt schnellen, kontextbewussten Dialog in gängige IDEs und lässt sich je nach Datenschutz- und Performancebedarf mit verschiedenen Modellen betreiben – geeignet für Teams, die praxisnahen Chat-Support, Tests und Doku aus einem Guss wollen. Windsurf (ehemals Codeium) geht als AI-native IDE weiter: agentische Flows (Cascade), Editor-First-Ansatz und hybride Modellstrategie (eigene Modelle plus Anbindung an z. B. GPT-5) machen es attraktiv, wenn der gesamte Entwicklungsfluss konsequent KI-gestützt laufen soll.
Ein Beispiel für eine weitere Alternative ist AskTheCode, ein auf Programmierunterstützung optimierter GPT, der gezielt beim Debugging, Codeerklären und Refactoring unterstützt. Diese spezialisierten GPTs laufen auf derselben Modellbasis wie ChatGPT, sind jedoch mit vordefinierten Rollen, Prompts und Workflows ausgestattet, um bestimmte Aufgaben schneller und strukturierter zu lösen. Dadurch lassen sich auch sehr fokussierte Entwicklungs-Workflows direkt in ChatGPT umsetzen – ohne ein zusätzliches Tool installieren zu müssen.
Empfehlung
Für JetBrains-Teams mit Bedarf an autonomer Assistenz bietet Junie den größten Hebel. Wo Sourcegraph bereits gesetzt ist und Enterprise-Governance zählt, bleibt Cody Enterprise die naheliegende Wahl. Für breite IDE-Abdeckung, flexible Modellauswahl und zügigen Chat-Support empfiehlt sich Tabnine Chat. Wer KI nicht nur integriert, sondern zum Kern der Entwicklungsumgebung machen möchte, fährt mit Windsurf am besten. Für gezielt fokussierte Workflows ohne Zusatzinstallation bieten spezialisierte GPTs wie AskTheCode eine interessante, schnelle Lösung.
Die Entscheidung hängt letztlich davon ab, ob punktuelle Assistenz genügt, ob ein bestehendes Ökosystem (JetBrains, Sourcegraph) genutzt wird oder ob man den gesamten Coding-Workflow KI-basiert transformieren möchte.
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